Montag, der 07.08. (Anreise nach Lakselv) Am frühen Morgen brachen wir von Ivalo nach Norwegen auf. Besonders die Straße direkt vor der norwegischen Grenze ersparte den Besuch in der Achterbahn, obwohl die Leute auf den Rückbänken teilweise nicht sehr begeistert waren. Hinter der Grenze ging es durch ein langes Tal abwärts zum Fjord.
In Lakselv angekommen besorgten wir uns erst mal ein Campinghaus, stellten den Hänger ab, setzten unsere “Kleinen” ab und erkundeten mit dem Auto die Strecke der nächsten Rudertage. Informationen über mögliche Anlegestellen und Campingplätze waren von Deutschland aus nur sehr schwer zu bekommen. Ein eingezeichnete Campingplatz in Ytre Billefjord existierte mal wieder nicht.
Abends fuhren wir mit dem Hänger an den Strand und luden den Vierer “Inari” ab.
Dienstag, der 08.08. (1. Rudertag) Bei ekligem Nieselwetter war das Einsteigen über das 8° C kalte Wasser eine besondere Schikane. Völlig untypisch für Fjordfahrten sah man fast ständig den Grund und große Felsen unter sich. Die Wassertiefe war teilweise so gering, daß man Angst hatte aufzulaufen. Bei Trollholmsundet überquerten wir eine Landbrücke, die durch die Flut 30 Zentimeter unter Wasser lag.
Der Fjord entsprach auch sonst nicht dem üblichen Klischee, die Berge rechts uns links waren meist kaum höher als 300 Meter, kein Vergleich zu den Fjorden des Vorjahres.
Erst kurz vor dem Schluß klarte das Wetter auf, so daß wir bei strahlendem Sonnenschein in Ytre Billefjord anlegten. Dort erwarteten uns schon Stefan und Geert mit dem Auto. Da der Campingplatz hier fehlte, hatten sie am nächsten Etappenziel in Olderfjord das Quartier für zwei Tage gebucht.
Der übliche abendliche Autoausflug der älteren Teilnehmer wurde benutzt um ein paar versteinerte Trolle zu besuchen. (prosaisch: Kalksteinpyramiden)
Mittwoch, der 09.08. (2. Rudertag) Der Morgen erfreute uns mit schweren Landregen. Die Ruderer stiegen trotzdem ins Boot und versuchten Olderfjord zu erreichen. Nach vier Stunden bekam der Landdienst einen verstümmelten Anruf bei dem man nur verstehen konnte: “....abholen ....... Kirche .....Kistrand”. Martina als Fachfrau für verschlüsselte Nachrichten von Jana tippte auf eine Kirche an der wir vorbeigefahren waren. Mit Höchstgeschwindigkeit machte sich der Landdienst auf den Weg um die Schiffbrüchigen aufzunehmen.
Eine halbe Stunde später konnte die Mannschaft aufgelesen werden und nachdem wir unser Boot noch über die Flutlinie gelegt hatten, fuhren wir zurück zum Quartier.
Der Wind von der Seite hatte den Fjord derartig aufgewühlt, daß die Wellen ständig über die Ausleger brachen. Daraufhin hatte Kai beschlossen kurz vor dem Olderfjord abzubrechen, da der Vierer es nicht mehr geschafft hätte.
Zu allem Überfluß bemerkte Jana, nachdem ihre Beine wieder aufgetaut waren, auch noch einen Ausschlag an ihren Beinen. Sie hatte augenscheinlich Bekanntschaft mit einem Schwarm Feuerquallen gemacht. Nach einer intensiven Behandlung durch den Fahrtenarzt erholte sie sich aber schnell wieder.
Donnerstag, der 10.08. (3. Rudertag) Der Landdienst brachte zunächst die Mannschaft zum Boot, fuhr dann zurück nach Olderfjord, holte den Bootshänger ab und machte sich auf den Weg zum nächsten Quartier nach Repvag.
Kurz vor dem Campingplatz begegneten wir dann dem dümmsten Rentier Norwegens. Es weidete zehn Meter neben der Straße, erst als wir fast bei ihm waren, galoppierte es auf die Straße und blieb stehen, um uns zu betrachten und zu ärgern.
Der Campingplatz lag genau auf der Spitze einer windumtosten Klippe. Wir hofften, daß die Fundamente unserer Hütten stabil waren.
Da wir uns ausrechneten, daß das Boot noch lange brauchen würde, machten wir an einem Wasserfall noch eine kleine Bergtour. Zu unserem Erstaunen bekamen wir plötzlich einen Anruf: “Wir sind schon da”.
Die Ruderer hatten heute starken Schiebewind mit langen Meereswellen, der sie vorwärtsgetrieben hatte. Die Anlege an einem steilen Kiesstrand war jedoch ein größeres Problem, besonders da das Boot wieder über die Flutlinie gehievt werden mußte.
Der Abend wurde besonders lang, da wir in Martinas 17. Geburtstag reinfeiern wollten. Es war dem Landdienst vor einigen Tagen gelungen Kuchen und Kerze zu organisieren, die Martina leider bereits einen Tag vorher entdeckt hatte, so daß die Überraschung etwas begrenzt war. Die restlichen Geschenke waren dann aber doch noch eine Überraschung für sie.
Freitag, der 11.08. (4. Rudertag) Das Ablegen gestaltete sich bei leichter Brandung recht schwierig. Das Einsetzen mußte bugwärts erfolgen und sehr schnell gehen. Erst nachdem das Boot um eine Landzunge herum war, hatte es Schiebewind.
Der Landdienst machte sich auf den Weg durch den neuen Tunnel zur Nordkapinsel. Dieser Tunnel ist das unangenehmste, das wir jemals gefahren sind. Er ist sieben Kilometer lang und geht unter dem Meeresboden entlang. Das bedeutet drei Kilometer steil abwärts (ich schätze ca. 14% Gefälle), ein Kilometer eben und dann wieder drei Kilometer aufwärts. Dazu herrschte im Tunnel über weite Strecken dichter Nebel. Er ist zwar beleuchtet, aber auf der einen Seite waren auf einem längeren Stück die Lampen ausgefallen.
Wir hatten gerade den Campingplatz in Honningsvag klar gemacht, als wir wieder einen Anruf erhielten, daß das Boot abgebrochen hatte und die Mannschaft irgendwo in der “Nähe” von Kafjord an Land gegangen war. Etwa eine Stunde später las der Landdienst die Ruderer auf, sie waren bis zur Hauptstraße gelaufen und kamen dem Landdienst entgegen. Das war auch gut so, denn der Landdienst hätte die Anlegestelle nie gefunden.
Nun ging es per Auto wieder durch den Tunnel zum Campingplatz. Besonders Martina war vom Tunnel begeistert.
Am Nachmittag erkundeten Jana, Kai, Martina und Stefan die Insel per Auto. Schon die Straße nach Gjesvaer ist abenteuerlich. Man fährt durch eine vollkommen einsame Mondlandschaft von einer Hochebene zum Fjord hinab. Leider konnten wir nicht mehr zu der dortigen Vogelinsel übersetzen, da wir zu spät waren. Die Idee unser nächstes Quartier in der hiesigen Jugendherberge zu nehmen, scheiterte an den abwegigen Preisvorstellungen der Norweger.
Abends fuhren dann Martina und Stefan nach Skarsvag und buchten das Quartier für den nächsten Tag. Hier lohnte sich ein wenig feilschen und schon sank der Preis.
Samstag, der 12.08. (5. Rudertag) Diesmal brachte der Landdienst die Mannschaft fast bis zum Boot. Man mußte nur noch zwei Kilometer über einige Felsen und Berge laufen und dabei einige Rentiere aufscheuchen.
Bei endlich einmal guten Wetter wurde der zweite Versuch unternommen Honningsvag (den Hauptort der Nordkapinsel) zu erreichen. Diesmal fuhr der Landdienst soweit es ging parallel mit und beobachtete von einigen Bergen das Fortkommen des Bootes.
Die Besatzung des Bootes sah zuerst ein weißes Auto und dann kurz dahinter den Landdienst als zwei Nippel auf dem Berg stehen.
Bei leichten Rückenwind und großen Meereswellen überquerte der Vierer den Mageroysund und fuhr in den Hafen von Honningsvag ein und erreichte damit den 71. Breitengrad.
Hier erwartete der Landdienst sie bereits an einer Felsrampe. Das Boot wurde aufgeladen und zum Campingplatz Kirkeporten gefahren.
Hier wurde zunächst ein Spaziergang zur “Kirchentür” einem großem Loch im Felsen gemacht. Danach ging es per Auto zum Nordkap.
Der Eintrittspreis fiel sogar noch moderat aus, da wir ein Familienticket für den Preis von zwei Erwachsenen erhielten. Allerdings ging danach bei den Kleineren das große Geschrei los, daß Martina als ihre Mutter wohl etwas jung sei.
Das Nordkap fällt mit einer 300 Meter hohen Klippe zum Meer ab. Oben auf der Klippe und mehrere Stockwerke tief in den Fels gehauen, gibt es ein Touristenzentrum, daß nicht unbedingt unseren Zuspruch fand. Hier werden die Touristen busweise abgekippt.
Glücklicherweise kamen uns die meisten Busse erst entgegen, als wir bereits wieder auf dem Rückweg zu unserem “nördlichsten Campingplatz der Welt” waren.
Am Abend genossen einige wir noch die Sauna des Campingplatzes, allerdings war sie für 5 Leute etwas eng.
Sonntag, der 13.08. (der Tag der Katastrophe) Am ersten Rückreisetag kamen wir bis kurz hinter den Nordkaptunnel. Hier sah unser Fahrer plötzlich im Rückspiegel ein Rad wegspringen. Nach einem sofort erfolgten Notstop mußten wir feststellen, daß unser Bootshänger nur noch 3 Räder hatte. Das Vierte hatte zu allen Überfluß auch noch ein italienisches Auto gerammt, das am Straßenrand parkte.
Nun war guter Rat wirklich teuer. Nachdem wir uns mit den Italienern verständigt hatten und auch unser viertes Rad wieder eingesammelt hatten, entschloß sich Stefan mit geringer Geschwindigkeit bis zur nächsten Werkstatt weiterzufahren (auf drei Rädern). Die lag leider in Lakselv, 150 km weiter.
Hier erwartete uns schon der vom ADAC verständigte norwegische Automobilclub, der uns aber auch nicht helfen konnte. Was sollen man auch bei einem gebrochenen Radlager tun?
Er vertröstete uns auf den nächsten Tag und die Scania-Werkstatt.
Den Campingplatz in Lakselv kannten wir ja schon, wir bekamen wieder das gleiche Haus.
Montag, der 14.08. (es kommt noch schlimmer) Die Aussage des Werkstattpersonals war nicht sehr ermutigend, mindestens 3 Tage Reparaturzeit. Am Dienstag mußten wir spätestens um 20 Uhr in Helsinki (1400 km entfernt) sein, um unsere Fähre zu bekommen.
Nachdem wir nun telefonisch den ADAC aufforderten uns dann unseren Bootshänger, nach erfolgter Reparatur nach Berlin zu bringen, folgte der nächste Schock. Der freundliche Herr vom ADAC erklärte uns, daß unsere Versicherung (ADAC Plus-Mitgliedschaft, früher “Schutzbrief”) für unseren Bootshänger nicht gelte, da er länger als zehn Meter sei. Leider stand dieses “unwesentliche” Detail nicht in unserem ADAC-Serviceheft.
Nach einigem hin und her, (der VL stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch) entschlossen wir uns, zunächst ohne Bootshänger nach Helsinki zu fahren. Dort sollten die Jüngeren auf die Fähre gesetzt werden und danach wollten Martina und Stefan wieder nach Lakselv fahren und den inzwischen hoffentlich reparierten Hänger wieder abholen. Ihre Rückkehr nach Deutschland verschob sich damit auf unbestimmte Zeit.
Durch die langen Diskussionen starteten wir erst gegen Mittag, aber dank einer Höchstgeschwindigkeitsfahrt waren wir am späten Abend schon 100 Kilometer südlich von Oulu und bekamen auch noch 2 Hütten auf einem winzigen Campingplatz.
Dienstag, der 15.08. (die Irrfahrten des Odysseus beginnen) Am frühen Nachmittag erreichten wir Helsinki. Nun galt es die Fähre nach Travemünde umzubuchen und gleichzeitig suchten Martina und Stefan nach einer Möglichkeit in vier Tagen Helsinki zu verlassen. Die direkte Fähre nach Travemünde fiel aus, die nächste Abfahrt in diese Richtung, die sie hätten schaffen können fuhr erst in einer Woche wieder. Der Finnjet war nicht zu bezahlen, also blieb nur nach Stockholm überzusetzen und dann durch Schweden nach Trelleborg zu fahren und von dort nach Rostock überzusetzen.
Mit einigen Problemen gelang es noch eine Reservierung zu bekommen.
Die restlichen Teilnehmer machten eine Kurzbesichtigung von Helsinki. Am Abend wurden die fünf Rückkehrer auf die Fähre gesetzt, während die “Heimatlosen” sich sogleich wieder auf den Weg nach Norden machten.
Am Donnerstag früh holte Martina Ahnepohl die fünf Jugendlichen in Travemünde ab und brachte sie heil nach Hause.
Wen es interessiert wie wir doch noch nach Hause gekommen sind....
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