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5000 km mit dem Auto durch Skandinavien

Wie fühlt man sich, wenn man seine Mannschaft gerade auf eine Fähre gesetzt hat und weiß, sie sind zwei  Tagen zu Hause, wann man selbst zurück kommt ist dagegen sehr unsicher?

Mies? Deprimiert? ....zumindest verlassen! Glücklicherweise nicht völlig, immerhin hatte Martina Jagsch sich freiwillig gemeldet mich zu  begleiten, obwohl sie eigentlich direkt nach der Fahrt Verwandte besuchen wollte.
Alleine wäre ich nach der Fahrt wahrscheinlich ein Fall für den Psychiater gewesen.

Fangen wir an: wir hatten 90 Stunden um vom  Südende Finnlands bis fast zum Nordkap und zurück zu fahren, knapp 3000 Kilometer, davon die Hälfte mit einem Bootshänger. Wenn wir das nicht schafften würden wir unsere neu gebuchte Fähre verpassen und weitere Tage in  Helsinki festsitzen bis wir eine andere Fährverbindung bekämen.
Der größte Unsicherheitsfaktor war, ob der Bootshänger, wie von der Werkstatt versprochen wirklich in zwei Tagen abholbereit stand.

Nachdem wir unsere  Jugendlichen auf die Fähre gesetzt hatten, fuhren wir noch ein Stück nordwärts, aber nach 150 Kilometern, war ich so müde, daß an ein Weiterfahren nicht mehr zu denken war.
Die Dame an der Rezeption des Motels  entschuldigte sich wortreich, daß sie uns kein Zimmer mit einem Doppelbett, sondern nur mit Doppelstockbetten anbieten konnte, Martina kommentierte das eilig mit einem: “Oh, thats OK”. Irgendwie wurden wir das Gefühl  nicht los, daß sie von uns einen falschen Eindruck hatte.

Der nächste Tag erfreute uns mit Nebel und Regen. Trotzdem kamen wir schnell vorwärts, auch weil wir wegen des Wetters keine Pause einlegten. Per Handy fragten  wir unterwegs den Reparaturstand unseres Hängers ab. Die Aussage: “Morgen um 14 Uhr ist er garantiert fertig” stimmte uns optimistisch, so daß wir uns in Sariselkä (300 km vor Lakselv) in einer Berghütte einmieteten  (der Ort ist ein Wintersportzentrum).
Da wir nun sogar noch etwas Zeit hatten, entspannten wir uns am Morgen im örtlichen Hallenbad (mit Rutsche, Strömungsbahn und Wellenanlage, sehr zu empfehlen). Da wir gleich  morgens um acht da waren, gab es zwar keine Wellen und Strömung, aber wir hatten das ganze Schwimmbad für uns allein.
Gegen 10 Uhr machten wir uns wieder auf den Weg und waren bereits um 13 Uhr in Lakselv. Als wir  vor der Werkstatt hielten schoben sie gerade unseren Hänger in die Halle, sie hatten noch keinen Handschlag daran getan. Auf unsere Nachfrage meinte der Mechaniker jedoch, kein Problem bis spätestens 15 Uhr sei er  fertig. Uns beschlichen leichte Zweifel.....
Nachdem wir uns bei einem Mittagsessen abgelenkt hatten, waren wir um 14 Uhr wieder in der Werkstatt und sahen einen verzweifelten Mechaniker vor unserem Hänger sitzen,  der alles mögliche probierte um das Rad wieder fest zu bekommen. Nach einiger Zeit meinte Martina entnervt: “Ich setz mich ins Auto, ich kann es nicht mit ansehen”. Ich stellte mich aber demonstrativ daneben und hoffte,  daß dadurch der Mechaniker vielleicht doch noch fertig würde. Immer mit dem Gedanken im Kopf: “Was machst du, wenn der erst Morgen fertig wird?”
Gegen 17 Uhr, eigentlich hatte die Werkstatt schon seit einer Stunde  zu, war der Hänger wirklich fertig.
Wir machten uns sofort auf den Weg und schafften immerhin noch 500 Kilometer bis Sodankylä. Wir fanden sogar noch ein Hotel, wo man zu nachtschlafender Zeit noch ein Zimmer bekam.
Am frühen Nachmittag des nächsten Tages hatten wir es mit Südfinnland geschafft und bei inzwischen recht schönem Sommerwetter gönnten wir uns eine verspätete Mittagspause beim Aussichtsturm von Kuopio. Von hier hat  man einen Blick über die Saimaa-Seenplatte unserem vorraussichtlichen Fahrtziel im nächsten Jahr. Das es von hier nicht einmal mehr 400 Kilometer bis Helsinki sind und unsere Fähre erst am nächsten Abend fuhr, machten  wir noch einen kleinen Abstecher zum Kloster Valamo.
Die Dame an der Rezeption des klostereigenen Hotel guckte zwar wieder etwas eigenartig: “Ja wir haben auch Doppelzimmer” mit einer Betonung auf Doppelzimmer, aber  wir bekamen es. Manchmal frage ich mich ob so etwas in Bayern auch gegangen wäre.
Nun schädigten wir die klostereigene Gaststätte am Buffet, schade nur das der Kinderrabatt nur bis 15 Jahre ging und dafür wollte ich  Martina lieber doch nicht ausgeben.
In den orthodoxen Gottesdienst schauten wir auch noch kurz rein. Für das nächste Mal sollten  wir uns nur merken, daß Frauen hier anscheinend immer eine Kopfbedeckung tragen  müssen, aber Martina war nicht die einzige, einige andere Touristinen kamen auch “ohne”.
Am Samstag waren wir bereits sehr früh in Helsinki und nachdem wir doch einen Parkplatz am Hafen gefunden hatten, genoßen wir  noch ein wenig die Sehenswüdigkeiten von Helsinki.
Gegen 15 Uhr standen wir dann endlich auf dem Stauplatz der Silja-Line-Fähre.
Hier leistete ich mir nun wirklich die größte Dummheit meiner Hängerfahrerlaufbahn.  Als mich der Mann vom Ladepersonal aufforderte loszufahren übersah ich, daß ein Autofahrer (3 Autos hinter mir) in der Nachbarspur seine Tür so weit offen hatte, daß sie in meine Spur ragte. Obwohl ich sofort wieder  anhielt, hatte unsere Hängerstrebe bereits seine Fahrertür demoliert.
Es war natürlich geradezu schwachsinnig von diesem Fahrer seine Tür so weit offen stehen zu lassen, daß sie in meine Spur ragte (die Spuren hatten  Fahrbahnmarkierungen), während der Verladebetrieb begonnen hatte, aber ich hätte das natürlich im Rückspiegel bemerken müssen.
Meine Versicherung wird sich freuen.
Endlich heil auf der Fähre angekommen, unser  Bootshänger hatte ja nicht mal einen Kratzer abbekommen, stürzten wir uns aufs Buffet, das Martina während ich noch auf dem Stauplatz stand, bereits gebucht hatte.
Dieses Buffet ist die absolute Krönung einer  Fährüberfahrt. Es gibt nichts besseres. Von Kaviar über Lachs, Salate, mehrere Sorten Fleisch, bis zu einem riesigen Dessert-Buffet gibt hier einfach alles. Und da meine Begleiterin noch nicht 18 war, kam sie auch noch  für den Kinderpreis rein (ca. 14 DM, 45 DM für Erwachsene). Neu war dieses Mal auch, daß sogar die Getränke, einschließlich Rotwein, Weißwein und Bier im Preis enthalten waren.
Danach flanierten wir über die  Einkaufspassage des Schiffes (ca. 200m lang), machten eine kurzen Besuch im Starlight-Club (Disco) und suchten uns schließlich einen Tisch im schiffseigenen Nachtclub.
Auf Grund meines “kleinen” Mißgeschicks bei der  Verladung muß ich allerdings einen so frustierten Eindruck hinterlassen haben, daß Martina pausenlos damit beschäftigt war mich  zu trösten und aufzuheitern. (Nicht was ihr jetzt schon wieder denkt!)
Da wir von  den Strapazen der letzten Tage doch etwas angegriffenen waren, konnten wir das Mitternachtsprogramm kaum genießen und gingen bald schlafen.
Am Sonntag früh kamen wir in Stockholm. Wir wollten den Bootshänger nur beim  Polizeiruderclub stehen lassen und uns ein wenig die Stadt ansehen. Ich fand auch nach zwei Jahren fast auf Anhieb die Zufahrt, leider war dort inzwischen eine Baustelle, die ich noch nicht kannte und so mußten wir  unseren Bootshänger auf einem nur fünf Meter breiten Weg per Hand drehen. Nach einigen mißglückten Versuchen fanden wir dann doch einen Platz für unser Gespann und machten uns per U-Bahn auf den Weg die Stockholmer  Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.
Für mich war das nun schon der fünfte Besuch in Stockholm, aber die Vaasa, das Stockholmer Stadtschloß und der Skansen sind doch immer wieder sehenswert und Martina war noch nie in  Stockholm.
Leider gibt es unsere Lieblingspizzeria nicht mehr, da müssen wir uns beim nächsten Mal was anderes suchen.
Der abendliche Besuch im Tivoli fand ein abruptes Ende, da sie bereits um 20 Uhr zumachten und  das obwohl mich Martina gerade überredet hatte mit ihr Breakdancer zu fahren (ich hasse sich schnell bewegende Karuselle oder ähnliches), na ja vielleicht beim nächsten Mal.
Wir fuhren wieder zurück zu unserem Auto  und waren erfreut, daß wir keinen Strafzettel bekommen hatten.
Eigentlich wollten wir nur kurz auch Stockholm raus und uns dann ein Motel suchen. Das war jedoch schwieriger als erwartet. Es gab direkt vor Stockholm  so etwas nicht und erst in Nyköping, als wir dann entnervt die Autobahn verlassen hatten fanden wir ein Hotel.
 

Die letzten 600 Kilometer bis Trelleborg ließen wir etwas ruhiger angehen. Unterwegs machten wir  noch eine Mittagspause an einem See in Smaland.
Gegen Abend in Trelleborg fuhren wir erst einmal zum Fährterminal und reservierten für den nächsten Morgen einen Fährplatz, was glücklicherweise ohne Probleme ging.
Danach gingen wir auf Zimmersuche und fanden bei einer älteren Dame ein preiswertes Zimmer. Ich weiß nicht was unsere Vermieterin mehr irritierte unser Bootshänger in ihrem Vorgarten oder das Alter meiner “Frau”.  Martina versank fast im Boden als sie so tituliert wurde. Mein Vorschlag ins Gästebuch einzutragen: “Der erste gemeinsame Urlaub, ohne die Kinder...” verbesserte Martinas Stimmung auch nicht gerade.

Am Dienstag ging  es mit der Scandlinesfähre nach Rostock und gegen 17 Uhr erreichten wir das Bootshaus in Wannsee. Zu Hause, endlich................

 

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Endlose Strasse in Lapland
Martina
Martina auf dem Puijo