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Weserfahrt 1997

In der Vorwoche hatten wir nach dem Wesermarathon ein Boot in Hameln zurückgelassen. Vor Himmelfahrt reisten wir wieder an, um damit unsere Weserfahrt  fortzusetzen.

'Bei Nieselregen brachen wir auf, passierten die Schleuse Hameln und fuhren bei sich ständig verbesserndem Wetter und guter Strömung zum Ruderclub Rinteln. Unterwegs fielen uns Flöße und  Schlauchboote mit leicht alkoholisierten Männergruppen auf, die uns mit großem Gejohle begrüßten, es war eben "Vatertag”.

Kurz nach uns traf auch der Landdienst per Taxi in Rinteln ein, um uns  mitzuteilen, daß unser Auto unterwegs liegengeblieben war.  Eine unerfreuliche Nachricht, aber wir machten uns wieder auf den Weg und erreichten nach weiteren 38, sehr geruhsamen Kilometern das Bootshaus der  Mindener Schülerruderer.  Unser Landdienst war - entgegen unseren Erwartungen schon da, das Auto lief also wieder.  Das abendliche Kulturprogramm (Mittellandkanalbrücke über die Weser, Altstadt, Dom) artete in  einem strammen Fußmarsch aus.

Am Freitagrnorgen wiegten wir uns in trügerischer Sicherheit, das schlechte Wetter im Weserbergland zurückgelassen zu haben, aber bereits am zweiten Wehr, nach gut 30  Kilometem, erwischte uns ein schwerer Gewitterregen.  Die unmögliche Umtrageeinrichtung hob auch nicht gerade die Stimmung, dabei hatte es am ersten Wehr noch so gut ausgesehen.  Wegen des guten Wasserstandes  konnten wir die Bootsgasse (eigentlich eher für Kanufahrer) benutzen, doch diese Einrichtung hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Wildwasserbahn auf dem Rummel. An der dritten Staustufe wollten wir uns dann auf  keine Experimente mehr einlassen.  Der Schleusenwart war allerdings etwas irritiert, als wir ihn per Handy anriefen und nachfragten, ob und wann wir schleusen könnten.

 Am Abend erreichten wir bei "Aprilwetter den Ruderclub Nienburg.

Die letzte Ruderetappe sollte uns bis Verden an der Aller führen.  Nach einer vermeintlich harmlosen Strecke von 55 Kilometern mit  kurzer Rast in Hoya standen die letzten sechs Kilometer flußaufwärts an.  Bei Hochwasser und 5 km/h Gegenströmung kein erfreuliches Unterfangen.  Wir ruderten und ruderten und hatten den Eindruck, nur  meterweise vorwärtszukommen, doch nach einer knappen Stunde erreichten wir völlig entkräftet den Wassersportverein Verden.  Für den obligatorischen Stadtrundgang fehlte uns nach dieser Strapaze jegliche  Motivation.  Die Rückreise per Auto verlief trotz des langen Wochenendes weitgehend Stau. Die dritte Etappe der Weserfahrt war Pfingsten angesetzt.  Am Samstag standen nur 46 Ruderkilometer von Verden nach  Bremen auf dem Plan Die Strecke artete jedoch zur Hitzeschlacht aus, bei Temperaturen um 30 Grad und schwüler Luft, ohne jeden Wind quälten wir uns die nur noch wenig strömende Weser abwärts. Dazu kam, daß die Spezies  "Wildgewordene Motorbootfahrer" stark vertreten war, so daß wir immer wieder Wellen ausweichen mußten.  Kurz nach Mittag kamen wir in die Schleuse Bremen ein.  Unser Landdienst erwartete uns schon  und informierte uns durch Zuruf, wo unser Quartier, der Post SV Bremen, zu finden war.  Der Nachmittag wurde mit der Besichtigung der Bremer Sehenswürdigkeiten verbracht.

Am Sonntag starteten wir sehr  früh, da wir 71 km bis Bremerhaven rudern wollten und die Ebbe nicht verpassen durften.  Die ersten 25 Kilometer führten durch den Bremer Hafen.  Dementsprechend waren der Schiffsverkehr und die Wellenbildung,  es gelang uns nicht auch nur 100 m ohne Wellen zu rudern.  Das Problem hierbei waren nicht die Kümo's oder Hochseefrachter, sondern - wie am Vortag - rücksichtslose Motorbootfahrer, die die Weser immer wieder auf-  und abrasten und sich teilweise einen Spaß daraus machten, möglichst nah an uns vorbeizufahren.  Leider kommt unser neues Boot erst Ende Juni.  Mit einem D-Vierer hätten wir dem Treiben um uns herum wesentlich  gelassener zugesehen. Das Wetter war so heiß und druckend, daß wir häufig anhalten mußten, um zu trinken und auszuruhen.  Am Westufer baute sich eine schwarze Wolkenfront auf Kurz vor Brake kam der Anruf unseres Landdienstes gerade recht, der nachfragte, ob wir unsere Fahrt nicht lieber vorzeitig abbrechen wollten.  Eine halbe Stunde später luden wir das Boot auf, um den Rest der Strecke im Auto zurücklegen.  In Bremerhaven holte uns das Gewitter dann ein.

Damit wäre die Fahrt erfolgreich abgeschlossen worden, leider kommt es anders, ab man denkt.

 Kurz vor dem Bootshaus leuchtete bei unserem Post- Bus eine Warnleuchte auf Nach intensivem Studium der Bedienungsanleitung stellten wir fest, daß dies auf einen gerissenen Zahnriemen hindeutete.  Die Anleitung  warnte: "Auf keinen Fall weiterfahren!" Der zur Hilfe gerufene ADAC konnte uns auch nur so weit helfen, daß wir unseren Bus bei einer Werkstatt in der Nähe des Ruderclubs abstellen konnten, da am  Pfingstmontag niemand zu bewegen war, die Reparatur durchzuführen.  Auch der Versuch, mit einem Mietauto wenigstens unsere Jugendlichen nach Hause zu bekommen, scheiterte daran, daß man in ganz Bremerhaven nicht  einmal die Notdienste der Autoverleihfirmen besetzt waren.  Am Nachmittag setzten wir dann schließlich die Jüngeren in die Bahn, damit sie am anderen Tag zur Schule gehen konnten.  Die Erwachsenen hatten  telefonisch bei ihren Arbeitgebern um einen zusätzlichen Urlaubstag gebeten.  Einzig erfreulich an der Wartezeit in Bremerhaven war, daß wir Zeit hatten, die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.

Am Dienstagmorgen  teilte uns die Werkstatt mit, daß wir frühestens um 15 Uhr unseren Wagen bekommen könnten.  Nachmittags bekamen wir endlich den Bus zurück, um unsere Rückfahrt anzutreten.  Da wir in Lübeck aber noch einen  Zweier abholten mußten, wurde es für uns richtig spät, erst gegen 2 Uhr nachts waren wir am Wannsee und konnten unseren Bootshänger abstellen.  Trotz des Ärgers mit dem Bus war es ein schöner Abschluß unserer  Etappen- Wanderfahrt über die Werra und Weser von Eschwege bis Bremerhaven.

Zum Vereins- Bus muß aber die Bemerkung erlaubt sein, daß der gerissene Zahnriemen eigentlich bei der 60.000 km- Inspektion hätte gewechselt  werden müssen.  Die Batterie hatte fast kein Wasser mehr und der Wagen geriet bei starkem Bremsen in Schleuderbewegungen.  Die Bremsen müßten dringend überprüft werden!

Stefan Biastock

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bremen stadtmusikanten und ruderer
vor bremerhaven an einer Fähre