rckst02 grossbritannien_fl_a8

Neulich auf Wanderfahrt.....

Ich nähere mich dem Bootshaus. Bin wieder mal zu früh; der VL ist noch mit dem Aufladen der Boote beschäftigt. Das Aufladen sollte doch schon vor zwei Stunden beginnen, warum sind die denn immer noch nicht fertig?
Schnell gehe ich hinter einem parkenden Auto in Deckung und gucke zu, wie vier Leute das D-Boot auf den Hänger wuchten.
Als das Boot auf dem Hänger liegt, verlasse ich mein Versteck und schlendere lässig heran. Mit den Händen in den Hosentaschen frage ich, ob man helfen könnte. Dummerweise fällt dem VL doch noch etwas ein, was zu tun ist.Zum Glück benutzt er die Formulierung: “Wir brauchen noch die Ausleger aus der Halle.”
Davon fühle ich mich natürlich nicht angesprochen und begebe mich in die Ökonomie, um mich für die Fahrt zu stärken.

Nach einer längeren Anreise sind wir endlich am Startpunkt unsrer Wanderfahrt angekommen. Das Quartier entspricht natürlich wieder mal nicht meinem üblihen Level. Die Betten hängen durch, es ist schlecht geheizt, Duschen sind auch nicht warm, die nächste Kneipe ist 2 km entfernt und schließt um 22 Uhr.
Für all diese Dinge ist der VL persönlich verantwortlich. Den Einwand, dass der Übernachtungspreis auch nur 5 DM kostet, lasse ich nicht gelten. Nächstes Mal will ich mindestens 4-Sterne-Niveau; aber wehe die Wochenendfahrt kostet mehr als 35 DM!

Das Abendessen gibt es natürlich auch wieder zu spät, der VL und seine Obleute könnten sich beim kochen auch malein bisschen beeilen.
Hier muss ich mich auch wieder gut tarnen, sonst werde ich am Ende noch für irgendwelche Küchenarbeiten herangezogen.
Diesmal klappt es nicht, trotz des Versuches schnell die Küche zu verlassen, werde ich zum Abwaschdienst eingeteilt.
Mein Protest, dass ich schon beim letzten Mal abgewaschen habe, trifft auf taube Ohren. Immer muss ich solche unangenehmen Arbeiten machen.

Die Bitte des VL, doch bis Mitternacht wieder im Quartier zu sein, ist eine unglaubliche Bevormundung eines erwachsenen Menschen. Ich bin doch auch topfit, wenn ich nur 4 Stunden schlafe und wenn die anderen aufwachen, weil ich gegen 4 Uhr ins Quartier poltere, ist das ihr Problem, warum haben sie so einen leichten Schlaf?

Das Wecken am nächsten Morgen ist sowieso viel zu früh. Warum aufstehen? Die anderen werden schon auf mich warten.
Der VL nervt schwer. Jetzt fordert er mich schon zumdritten mal auf, aufzustehen und meine Sachen zu packen. Die anderen sitzen doch auch noch nicht im Boot, sondern stehen noch am Steg.
Nach einem längeren Plausch mit ein paar Gleichgesinnten begebe ich mich zum Boot, wenigstens liegt es schon im Wasser und ich muss mich am frühen Morgen nicht als Gewichtheber betätigen.

Das Boot ist sowieso das Letzte. Warum haben wir das eigentlich mitgenommen? Der Rollsitz ist furchtbar unbequem und mit diesen Skulls kann man eh nicht rudern. Nachdem der Obmann mit mir seine Skulls getauscht hat und damit problemlos weiterrudert, konzentriere ich mich darauf, mich auf der ersten Etappe nicht totzumachen. die anderen sind ja noch frisch und können mich ein Stück mitziehen.

um Punkt 12 Uhr verlange ich nach meinem Mittagessen. Die anderen haben alle Stullenpakete dabei, nur ich nicht! Bei meinem verspäteten Früstück muss ich den Hinweis des VL überhört haben, dass wir zum Mittag nicht anlegen und sich jeder etwas mitnehmen soll.

Da die anderen mit ihrer Ruderleistung nach der halben Etappe etwas abbauen, kann ich jetzt auch etwas nachlassen. Sarkastische Bemerkungen des Obanns, dass dieser Sport Rudern sei, ob ich davon schon mal etwas gehört habe, motiviert mich dazu, 3 Schläge hart anzuziehen, um dann wieder auf mein übliches Niveau abzufallen.

Am Ziel springe ich aus dem Boot stelle erstaunt fest, dass einige sich so überanstrengt haben, dass sie kaum noch stehen können. Sie sollten sich wirklich mal Gedanken über einen gesunden Selbsterhaltungstrieb machen.
Die jüngeren können natürlich nicht so stark ziehen wie ich, deshalb ist ihre Erschöpfung zu entschuldigen, aber die anderen sollen sich nicht so haben.

Zum Ausheben der Boote muss man mit den Füssen ins Wasser. Da ich schon den ganzen Tag überdurchschnittlichen Einsatz für die Gruppe gezeigt habe, können sich diesmal die anderen profilieren, überhaupt, wofür haben wir die Obleute?
Da wir gerade bei Obleuten sind. Warum nimmt man meinen Obmannsschein nicht ernst? Ich bin doch bereits mehrere
Jahre im Verein und auch viel erfahrener als die teilweise nur 14 oder 15 Jahre alten Obleute. Ich lasse mir doch von einem jüngeren keine Befehle geben.
Gut, mein Versuch, das Boot durch die Dampferwellen zu steuern, endete etwas feucht, aber die Havel (D-Vierer mit Abdeckungen  die Red) scheint mir doch ziemlich empfindlich gegen Wellen zu sein. Anders kann ich mir nicht erklären, warum alle anderen Boote kein Wasser hereinbekommen haben.
Nach Hubsignalen von Schiffen hat mich beim Obmannskurs keiner gefragt, woher soll ich eigentlich wissen, dass der Frachter auf mich zudrehen will?

Als ich den VL letztens darauf angesprochen habe, erklärte er mir ziemlich undiplomatisch, dass er, solange er die Fahrten organisiere, dafür sorgen werde, dass ich niemals ein Boot auf Wanderfahrt als verantwortlicher Obmann bekommen würde.
Ich weiss gar nicht, was er gegen mich hat, schliesslich bin ich doch ein sehr verantwortlicher und erfahrener Obmann!

Die Handlung dieses Textes ist fiktiv. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder sogar schon toten Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Falls sich doch jemand angesprochen fühlt, sollte ersich darüber Gedanken machen.